Bühnenproduktionen

LITERAMUSIKON
Schumanns Kreisleriana begegnet dem Irrfahrer






Der Roman
Was ist ein Literamusikon?
Das Programm
Leseprobe
Kritik


Christoph Schmid
liest aus seinem Roman
und spielt
Schumanns op. 16


Christoph Schmid ist vor allem als Pianist, Liedbegleiter und Theatermusiker bekannt. Weniger bekannt dürfte sein, dass er im Dezember 2007 seinen umfangreichen Roman "Narreteien eines irrfahrenden Jahrmarktkünstlers" fertig gestellt hat.

In diesem Roman, der um die Jahrhundertwende in Russland spielt, geht es in der Hauptsache um die gedankliche Welt eines etwa achtjährigen Jungen, der sich Aufgrund seiner Rechenunfähigkeit immer mehr gezwungen sieht, an seine Dummheit zu glauben. Wie er versucht, sich allein mit der Macht der Gedanken, aus jener Dummheit zu befreien, kann man bei Christoph Schmids erstem Soloabend erfahren.

In die Lesung wird Christoph Schmid dabei eines der wichtigsten Klavierwerke der Hochromantik, die gesamten "Kreisleriana-Fantasien" von Robert Schumann einflechten und zur Aufführung bringen. Schumanns op. 16 wurde ja ebenfalls literarisch inspiriert und zwar von einer fiktiven Musikerfigur E.T.A. Hofmanns.

Er kreiert eine von der Kritik hoch gelobte Form, die eine Mischung aus klassischem Konzert, Lesung und theatraler Inszenierung verbindet:
Aus dieser Verschmelzung von Elementen entsteht eine neue zeitgemäße Veranstaltungsform.

Wer sich für dieses Experiment der Begegnung zweier verschiedenen Welten, die trotzdem in der Tiefe eine Verbindung aufweisen, interessiert, der sollte sich diesen Abend nicht entgehen lassen.







Der Roman

NARRETEIEN EINES IRRFAHRENDEN JARHMARKTSKÜNSTLERS

In diesem umfangreichen philosophischen Roman wird der Leser in die
leidvoll abenteuerlichen Gedankengänge eines etwas achtjährigen Jungen verwickelt. Der Roman spielt in einer nicht zu fernen Vergangenheit um 1890 in einem imaginären, vorrevolutionären Russland. Aufgrund gewisser Umstände gerät der Protagonist in den Verdacht eine unglaubliche Dummheit in sich zu beherbergen. Um dieser Dummheit zu entkommen, versucht er alles “Erdenkliche“ zu unternehmen. Er will sich eben über die Erkenntnis der Dummheit aus dieser befreien und gerät dadurch in eine ihn erdrückende Gedankenflut, die ihn in ein fast menschenunglaubliches geistiges Unglück führt. Diesen „Kindergedanken“ stellt der Roman den märchenhaft tragikomischen Lebensweg dieses Jungen voran. Die unglaublichen Gedankenverwundungen seiner Kinderseele führen den erwachsenen Mann auf die Jahrmärkte, wo er sich als der „unglücklichste Mensch der Welt“ zur Schau stellt. 
Ein trauriger Roman, aber einer, der aller Menschenqual die Kraft des Humors und die Komik der menschlichen Tragik entgegenstellt.




Was ist ein Literamusikon?

WAS IST EIN LITERAMUSIKON?

Bei einem Literamusikon trifft ein bedeutendes Klavierwerk der klassischen  Musik
auf einen literarischen Text.
Da der Pianist selbst auch als Rezitator fungiert, versucht er innere Bezüge von Text und Musik zu interpretieren.
Ein Literamusikon ist also eine Form, die sowohl Musik als auch Text im Gleichgewicht zu halten vermag.




Das Programm

Auszüge aus dem Roman
"NARRETEIEN EINES IRRFAHRENDEN JAHRMARKTSKÜNSTLERS"
"KREISLERIANA - FANTASIEN op. 16 von Robert Schumann
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Prolog
                                                              1. Äußertst bewegt
Über die Dummheit und das Wissen     
                                                              2. Sehr innig, nicht zu rasch
Das erste Gedankenexperiment            
                                                              Intermezzo
Die Gedankenzählung  
                                                              3. Sehr aufgeregt 
Die Auslöschung
                                                              4. Sehr langssam / Bewegter
                                                              5. Sehr lebhaft
Der Gedankeneinbruch
                                                              7. Sehr rasch
Der Abschied
                                                              8. Schnell und spielend
Epilog




Leseprobe

PROLOG


Vor einigen Jahren besuchte ich während meines Aufenthalts in Russland, einen Jahrmarkt in der Nähe von St. Petersburg.
Nun haben es solche Volksfeste an sich, allerlei sonderbare Erscheinungen, die das Leben hervorzubringen imstande ist, zur Schau zu stellen.
Hungerkünstler, Wolfsmenschen oder der berühmte Elefantenmensch, der in England Furore machte, werden bei solchen Anlässen dem erstaunten Publikum zu Angesicht gebracht.
Auf diesem Jahrmarkte jedoch, ward die unerhörteste aller Nachrichten, die Ankündigung, dass der unglücklichste aller Menschen zu einer Besichtigung bereit stünde.
Für ein geringes Entgelt, strömten die Massen, vom einfachen Bauern bis zu den feinen Herrschaften des Petersburger Zarenhofes, zu diesem Spektakel.
Vor einem klapprigen Wagen, mit dem das fahrende Volk durch die Lande zu ziehen pflegt, war eine kleine Bühne aufgebaut, damit auch alle, die teueres Geld zu zahlen bereit waren, des Außerordentlichen ansichtig werden konnten.
Doch zuerst wurde dem Publikum eine Wolfsfrau angekündigt, die auf ein Zeichen des Schaustellers, der diese Präsentation wohl schon hundert mal zur Aufführung gebracht hatte, auf die Bühne trat.
Da ich schon einige bedauerliche Wesen dieser Spezies gesehen hatte, hielt sich mein Entsetzen über das behaarte Gesicht und den entblößten Oberkörper, der einen fast affenartigen Eindruck hinterließ, in Grenzen.
Nachdem sich die junge Frau gedreht und gewendet hatte um ihre Hässlichkeit am Besten zur Geltung zu bringen, trat nun der angekündigte unglücklichste aller Menschen auf die Bühne.
Totenstill wurde es augenblicklich unter den Sehenden.
Seltsamerweise war an dem in der Mitte seines Lebens stehenden Mannes, gar nichts Verwunderliches festzustellen.
Er stand nur da und rührte sich nicht, und wäre er im alltäglichen Treiben einer Stadt an einem vorübergegangen, hätte man es nicht einmal der Mühe für Wert befunden, ihn zu bemerken.
So stand er vielleicht eine Minute lang auf der Bühne, in die Menge blickend, und dieser Moment erschien mir wie eine Ewigkeit.
Ohne eine überflüssige Bewegung zu machen, trat er durch eine kleine Tür zurück in den Wagen.
Schweigend ging die Menge, sich im Gedränge verlierend, auseinander.
Da mir dieses Vorkommnis auch nach allen möglichen Zerstreuungen, die ein solcher Jahrmarkt zu bieten hat, nicht aus dem Kopf gehen wollte, ging ich zurück zu dem Wagen, in dem ich den Unglücklichen vermutete.
Da die Tür offen stand, streckte ich den Kopf vorsichtig in das Halbdunkel, wo ich die Gestalt auch tatsächlich vorfand und fragte ihn, wie es denn sei, seinen Lebensunterhalt mit seinem Unglück zu bestreiten.
 „Es ist ein hartes Brot “, sagte er mit fester Stimme.
Zu mehr ließ er sich nicht überreden, und da ich bemerkte, dass es keinen Sinn machte, weiter in ihn zu dringen, ließ ich es dabei bewenden und ging.

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Kritik

MIT FINGERSPITZENGEFÜHL

Lesung und Konzert mit Christoph Schmid im Landshuter Salzstadel
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Von Stefan Rimek


Wer schon immer mal wissen wollte, ob das menschliche Gehirn der einzige Ort ist, an dem sich ein Gedanke aufhalten kann, und warum diese Überlegungen gerade ein Bub im Alter von acht und 14 Jahren anstellt, der war bei Christoph Schmid an der richtigen Adresse.
Er präsentierte im Rahmen einer Lesung aus seinem noch unveröffentlichten Roman „Narreteien eines irrfahrenden Jahrmarktskünstlers“ diese Gedankenspiele. Dazwischen bewies der Autor, dass er auch noch ein hervorragender Konzertpianist ist, der die Lesung mit Schumanns „Kreisleriana-Fantasien“ garnierte.
Schmid schuf eine fesselnde Symbiose aus Musik und Prosa, deren Spannungsbogen raffiniert durchdacht war. Er verstand es hervorragend, den Lesungen aus seinen „Kindergedanken“ die charakteristisch verwandten Sätze aus Schumanns Komposition zuzuweisen. So bildeten beispielsweise der bis zur rhetorischen Explosion gesteigerte Vortrag über die „Die Gedankenzählung“ zusammen mit Schumanns Satz „Sehr aufgeregt“ eine derart kompakte emotionale Einheit, dass man den Eindruck
hatte, dieser Text und diese Musik wären nie getrennt voneinander geschaffen worden.
Nicht nur die Regie und der hervorragend artikulierte und strukturierte Vortrag verdienen großes Lob, sondern auch die Interpretation der acht Schumann-Sätze. Schmid setzte die Partitur mit viel Energie und Leidenschaft um, bewies Gespür für die musikalischen Spannungsbögen und ließ an den Schlüsselstellen einzelnen Tönen den nötigen Raum zur Entfaltung. Im Rahmen der Interpretation mancher Sätze schein es sogar, als transportiere Schmid erfolgreich die kuriosen Gedankengänge seiner literarischen Überlegungen in die anschließenden musikalischen Interpretationen.
Nach eigenen Angaben steckt in dem mit „Kindergedanken“ betitelten Teil aus Schmids Roman „viel autobiographisches“. Insgesamt verlangten Schmids Ausführungen dem Publikum einiges an Aufmerksamkeit und Konzentration ab, aber genau dieser Anspruch erhob die Veranstaltung auch über das Alltägliche hinaus. Als Zugabe las Schmid noch aus seinem Gedichtband „Draußen wo die Welt beginnt“. Bleibt zu hoffen, dass ein Verlag Interesse an Christoph Schmids ebenso kuriosen wie fesselndem Roman zeigt.

Landshuter Zeitung 07.10.2008

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